¿Te gusta Argentina?

… „Gefällt dir Argentinien?“ Das ist die Lieblingsfrage der Argentinier.

Als ich in Tinogasta zum zweiten Teil meiner Radreise aufbrach, hatte ich eine interessante Unterhaltung mit Monique, einer Holländerin, die dort mit ihrer großen Liebe, dem Argentinier Carlos, eine Familie gegründet hat. Durch ihre Englischkenntnisse wurde sie zur Lehrerin und zur Ernährerin der Familie, denn Carlos‘ Campingplatz, den der mit viel Energie aufgebaut hat und den er immernoch weiter verschönert, wirft nur sehr unkontrollierbar Geld ab.

Nicht nur, dass Monique bis zu 48 Stunden in der Woche unterrichtet, ihr also kaum Zeit zum Leben lässt, schien mir fast unglaublich, auch ihre Erfahrung mit der hohen Inflationsrate in Argentinien konnte ich kaum glauben. Monique erzählte, dass sie es schon erlebt habe, dass ihr Gehalt über Nacht 30% an Wert eingebüßt habe. Plötzlich war alles 30% teurer.

Die Inflatinonsrate liegt bei monatlich 7,7% – monatlich! 8×12=96 sag ich mir, also wirklich über 90% Inflation! Sie verläuft aber offenbat nicht kontinuierlich, sondern in Stufen.

Wer es sich leisten kann, bringt sein Geld in Sicherheit, bevor es die Inflation aufzehrt. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten: Eine geht über die staatliche Rentenkasse, die alle Abwertungen des Peso kompensiert, andere über Immobilien, deren Wert bei der kränkelnden Wirtschaft nicht zweifelsfrei ist und der dritte, illegale und kostspielige, über die Flucht in Fremdwährungen.

Die Regierung legt das Verhältnis zum Dollar und Euro fest. Aktuell ist der offizielle Kurs für den Euro 1: 243 Marktrelevant sind aber die „blue“ Dollars und Euros, die den Verfall der Landeswährung schonungslos in Zahlen ausdrücken. Als ich im Dezember nach Argentinien kam, stand der Blue-Euro bei 380 argentinischen Pesos, jetzt Ende April bei 496.

Ich hatte eine zu große Geldmenge getauscht, um Provisionen zu sparen und bekomme jetzt die Quittung dafür, denn hierzulande ist die Inflation einfach schneller. Plötzlich ist die Vorstellung, für 4000 Pesos ein Bett in einem Schlafsaal zu bekommen, wie noch vor ein paar Wochen möglich, abwegig. In Pehuenia, sicher nicht dem billigsten Pflaster, gibt es nur zwei Dorms, im einen zahlt man 12 000 Pesos, im andren 6300.

Deshalb lächeln die Argentinier, wenn sie dir die Frage „¿Te gusta Argentina?“ gestellt haben. Sie fügen hinzu: „Aber du wolltest nicht hier leben, der schlechten Wirtschaft halber, gell?“

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