Totenkult

In ganz Südamerika scheint es üblich zu sein für Verkehrstote am Straßenrand eine kleine Gedenkstätte aufzubauen.

In Peru hat mich entsetzt, dass es auf den Bergstraßen kaum einen Kilometer ohne so ein Marterl gibt. Recht plastisch wird einem da in Bildern vor Augen geführt, wer da alles sein Leben ließ. Oft, zu oft, wurden ganze Familien ausgelöscht.

Zumindest auf dem Altiplano sind in Bolivien Unfälle vermutlich weniger folgenschwer, weil die Straßen so schlecht sind, dass auch Autos nicht schnell fahren können.

In Chile sind, am viel geringeren Verkehr gemessen, noch viel mehr solche Gedenkstätten zu sehen. Typischerweise in jeder Kurve, die wohl klassischer Weise nach kilometerweiter Geradeausfahrt verpasst werden. Das markabre Detail war dort, dass die Wrackteile noch herumlagen. Manchmal wurden sie auch in die Gedenkstätte integriert. Von Weitem war oft ein Steinmann mit einem indigen anmutendem Kopf zu sehen, der die Aufmerksamkeit auf die eigentliche Gedenkstätte richtete.

Hier bekam der Verunglückte scheinbar sogar ein „neues“ Auto.

In Argentinien fielen mir zwei Besonderheiten der Schreine am Straßenrand auf. Einmal gibt es welche, an denen sich Wasserflaschen stapeln (weil sie wie Müllhalden aussehen, hab ich sie erst gar nicht fotographiert) und andere sind völlig in Rot gehalten und mit roten Fahnen und Wimpeln geschmückt. Im Internet (lateinamerika.reisen) fand ich die Erklärungen dafür:

Die vielen, vielen mit Wasser gefüllten Flaschen sind Opfergaben an die Difunta Correa, eigentlich María Antonia Deolinda y Correa, die 1841 auf der Suche nach ihrem Mann angeblich in der Wüste Argentiniens verdurstet ist. Ihr Kind jedoch überlebte, saugend an der Brust der toten Mutter …
Es war die Zeit des Bürgerkriegs in Argentinien, als Mariá ihr Kind zur Welt brachte. Weil ihr Mann von spanischen Soldaten verschleppt worden war, wollte sie ihm durch die Wüste folgen. Maultiertreiber sollen die Frau Tage später dort tot aufgefunden haben, ihr Baby aber hatte wie durch ein Wunder überlebt. Und so lassen Menschen, die an Heiligenschreinen für Difunta Correa vorbeikommen, der Verdursteten Wasserflaschen zurück.

In Wüsten, wo es keine Bäume gibt, wird fast ausschließlich der Difunta Correa gehuldigt.

Nicht weniger verehrt wird Gauchito Gil – Gil, der kleine Gaucho, der um 1840 als Antonio Mamerto Gil Núñez in Mercedes in der Provinz Corrientes geboren wurde. Er war Landarbeiter; nicht bewiesen ist, dass er ein Verhältnis zu einer reichen Witwe hatte. Wegen dieses Vorwurfes geriet er in Schwierigkeiten, denen er entging, indem er sich der Armee anschloss. Später versteckte er sich im Wald und soll Reiche bestohlen und den Armen gegeben haben. Ein argentinischer Robin Hood also. 1878 wurde er gefangen genommen, kopfüber an einen Baum gehängt und gefoltert.
Als der Henker ihm die Kehle durchschneiden wollte, sagte Gil zu ihm: Dein kranker Sohn wird gesund werden, wenn zu mir beistehst – andernfalls wird er sterben … Doch der Henker vollendete seinen Befehl trotz der Warnung. Und wirklich: Zuhause fand er seinen Sohn todkrank vor. Also betete er doch noch zu Gauchito Gil – und der Sohn wurde gesund.

Erst hab ich schon gedacht, das wäre ein Säufer gewesen, weil ihm eine Weinflasche (links am Häuschen) mitgegeben wurde.

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